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Da sich die Preise der Güter verändern, kann man nicht ohne weiteres von einem höheren oder geringeren Wert des BIP auf eine tatsächlich gestiegene oder gesunkene Produktion schließen. Da man aber in der Regel an der Veränderung der realen Produktion interessiert ist, muss das BIP um die Preisentwicklung bereinigt werden.

Zwei Verfahren haben sich dafür durchgesetzt. Um sie vorzustellen, sei davon ausgegangen, wir interessierten uns für die Preisentwicklung vom Basisjahr 0 zum Vergleichsjahr 1. Die Zahlen verwenden wir als Indizes, um die Variablen den Jahren zuzuordnen. Einen zweiten Index benötigen wir, um die Güter voneinander zu unterscheiden. In der Folge bezeichnet qij die Menge des Gutes i im Jahr j. Entsprechend steht z.B. p10 für den Preis des Gutes 1 in der Basisperiode.

Verfahren 1: Laspeyres

Die Idee des Verfahrens ist einfach. Im Basisjahr wird ein Warenkorb festgelegt und ermittelt, was dieser Warenkorb kostet. Im Vergleichsjahr wird der gleiche Warenkorb gekauft. Wiederum werden die Kosten ermittelt und zu denen im Basisjahr ins Verhältnis gesetzt.

Ein Beispiel macht die Berechnung deutlich: Kostet der Warenkorb im Basisjahr 100 Euro und im Vergleichsjahr t 125,73 Euro, dann ermittelt man den Preisindex nach Laspeyres LIt zu 125,73/100 = 1,2573. Um die Rate der Preissteigerung zu ermitteln, muss man lediglich noch 1 von diesem Wert abziehen. Sie beträgt also 25,73 Prozent.

Wenn sich n Güter im Warenkorb befinden, kann der Index mit der Formel

[1]      [1]

angegeben werden. Natürlich wählt man den Warenkorb so aus, dass er den Verbrauchsgewohnheiten der Wirtschaftssubjekte entspricht, für die man sich gerade interessiert. Ebenso wäre es natürlich denkbar, sämtliche Güter des BIP zu erfassen.

Der Laspeyres-Preisindex wird als Verbraucherpreisindex eingesetzt. Seine prozentuale Veränderung liefert die Inflationsratepi. Die nachstehende Gleichung zeigt die Berechnung der Inflationsrate für das Jahr 1999:

[2]      [2]

Vollkommen analog könnte man die Preissteigerungsrate von 1996 auf 1999 oder für beliebige andere Jahre berechnen, indem man einfach die entsprechenden Indexwerte heranzieht.

Verfahren 2: Paasche

Das Verfahren nach Paasche ist ebenso einfach wie das von Laspeyres. Es unterscheidet sich lediglich durch den Warenkorb. Während beim Laspeyres-Preisindex der Warenkorb des Basisjahres zugrunde gelegt wird, berechnet man den Paasche-Preisindex an Hand eines Warenkorbes aus dem Vergleichsjahr:

[3]      [3]

Der Paasche-Index lässt sich vollkommen analog zum Laspeyres-Preisindex interpretieren. Er informiert darüber, was ein im Vergleichsjahr gekauftes Günterbündel im Basisjahr gekostet hätte.

Handelt es sich beim Warenkorb um das gesamte BIP, dann kann man den Paasche-Preisindex auch als

[4]      [4]

schreiben. Im Zähler steht das Bruttoinlandsprodukt des Vergleichsjahres. Im Nenner steht eine Größe, die man nicht beobachten kann. Bei dieser hypothetischen Größe handelt es sich um die Güter des Bruttoinlandsprodukts im Vergleichsjahr, bewertet zu den Preisen des Basisjahres. Das BIP1 nennt man auch das nominale Bruttoinlandsprodukt oder das Bruttoinlandsprodukt in laufenden Preisen, das BIP1real bezeichnet man als reales Bruttoinlandsprodukt oder Bruttoinlandsprodukt in konstanten Preisen.

Den Paasche-Preisindex verwendet man als Deflator für das Bruttoinlandsprodukt . Damit ist gemeint, dass man mit Kenntnis des Paasche-Preisindex das reale Bruttoinlandsprodukt berechnen kann, indem man das nominale Bruttoinlandsprodukt durch den Index dividiert:

[5]      [5]

Unterschiede zwischen den Indizes

Wenn sich die Indizes auf den ersten Blick auch sehr ähneln und für kurze Zeiträume in der praktischen Anwendung regelmäßig dicht beieinander liegende Werte liefern, gibt es dennoch erwähnenswerte Unterschiede. Sie sind natürlich darauf zurückzuführen, dass die Preise in den beiden Berechnungsformeln mit unterschiedlichen Mengen (= Warenkörben) gewichtet werden.

Der als Deflator für das Bruttoinlandsprodukt eingesetzte Paasche-Preisindex wird für die im Inland produzierten Güter berechnet, der als Verbraucherpreisindex genutzte Laspeyres-Index hingegen für die im Inland konsumierten Güter. Aber selbst wenn die beiden Indizes für dieselben Güter berechnet werden würden, ergäben sich Unterschiede, da die mengenmäßige Zusammensetzung der Warenkörbe im Basis- und Vergleichsjahr in aller Regel voneinander abweicht.

Während beim Laspeyres-Preisindex der Warenkorb konstant gehalten wird, wird beim Paasche-Preisindex immer der aktuelle Warenkorb zugrunde gelegt. Der Paasche-Preisindex erfasst also Änderungen in der Verbrauchsstruktur. Güter, deren relative Preise fallen, werden vermehrt nachgefragt, während der Absatz teurer gewordener Güter sinkt. Die Folge ist, dass im Paasche-Index kleine Preise mengenmäßig stärker und hohe Preise mengenmäßig schwächer gewichtet werden als im Laspeyres-Index. Etwas eleganter formuliert: der Paasche-Index fängt die Substitution relativ teurer durch relativ günstigere Güter durch die Nachfrager ein, der Laspeyres-Index kann sie konstruktionsbedingt nicht berücksichtigen. Den Unterschied zwischen den Indizes, der darauf zurückzuführen ist, kennt man unter dem Schlagwort Substitutionsverzerrung . Sie führt dazu, dass der Paasche-Preisindex regelmäßig kleiner ausfällt als der Laspeyres-Preisindex. Da sich die Preisstruktur über längere Zeiträume stärker ändert und die Nachfrager mehr Zeit zur Anpassung haben, wird der Unterschied mit größeren Abständen von Basis- und Vergleichsjahr zunehmen.

Erhebungstechnisch besitzt der Laspeyres-Preisindex einen wesentlichen Vorteil. Die Gütermengen müssen nur einmal statistisch erhoben werden. In der Folge ist nur noch eine Beobachtung der Preise notwendig, um den Index berechnen zu können. Da der Paasche-Index die aktuellen Gütermengen zugrunde legt, müssen für jede Berechnung Preise und Mengen der Güter erhoben werden.

Der festgelegte Warenkorb des Laspeyres-Index' stellt aber zugleich einen entscheidenden Nachteil dar. Da sich die Verbrauchsgewohnheiten ändern, verliert der Index mit der Zeit an Repräsentativität. Neue Waren und Dienstleistungen werden nicht berücksichtigt. Da bleibt nur der Ausweg, den Warenkorb von Zeit zu Zeit den Verbrauchsgewohnheiten der Bevölkerung anzupassen. Das geschieht auch tatsächlich, und zwar in der Bundesrepublik regelmäßig im Abstand von etwa fünf Jahren.

Wenn der Warenkorb angepasst wird, dann bedeutet das nichts anderes, als dass man den aktuellen Warenkorb heranzieht. Das kommt dem Einsatz des Paasche-Index' gleich. Eine Anpassung des Warenkorbes im Abstand von jeweils fünf Jahren ist also gleichbedeutend mit der Vorgehensweise, grundsätzlich den Laspeyres-Preisindex zu verwenden, ihn aber in jedem fünften Jahr durch den Paasche-Preisindex zu ersetzen. Da so in jedem fünften Jahr die aufgestaute Substitutionsverzerrung aufgelöst wird, wird man in diesen Jahren jeweils etwas geringer ausfallende Preissteigerungsraten beobachten.

Der Verbraucherpreisindex überzeichnet die tatsächliche Inflation leicht, weil er Qualitätsverbesserungen in den Produkten nicht hinreichend erfasst. Dabei müssen die Qualitätsverbesserungen nicht unbedingt in den Waren selbst zu finden sein. Die Unternehmen können ihre Produktinformationen oder Serviceleistungen verbessern oder die Garantie verlängern. Sicherlich lassen sich auch Gegenbeispiele für eine abnehmende Produktqualität finden. Im Mittel darf man aber fraglos von steigender Produktqualität ausgehen. Wenn der Wert der Produkte durch nicht erfasste Qualitätsverbesserungen gegenüber dem Vorjahr im Schnitt um ein Prozent gestiegen ist, dann muss eine Inflationsrate von einem Prozent im Grunde als Preisstabilität interpretiert werden.

Die Fisher-Gleichung

Neben der Umrechnung des nominalen in das reale Bruttoinlandsprodukt gestatten die Preisindizes auch die Umrechnung nominaler in reale Zinsen. Wir wollen kurz ableiten, was Sie ohnehin schon wissen, wenn Sie jemals ein Sparbuch besessen haben:

[6]      Realzins = Nominalzins - Inflationsrate

oder in Symbolen

[6a]      r = i - pi.

Die Beziehung ist unter dem Namen Fisher-Gleichung bekannt.

Dazu schreiben wir zunächst die Inflationsrate, die wir als prozentuale Veränderung des Preisindex kennen gelernt haben, als Formel:

[7]      [6]

Als reale Verzinsung fassen wir auf, mit welcher Rate eine Gütermenge von Jahr zu Jahr wächst:

[8]      [7]

Wenn wir heute 200 Kartoffeln besitzen und aus den 200 Kartoffeln im nächsten Jahr 210 geworden sind, dann haben sich unsere Kartoffeln mit der Rate 0,05 bzw 5% real verzinst.

Als nominale Verzinsung fassen wir auf, mit welcher Rate eine bewertete Gütermenge, d.h. ein Geldbetrag, von Jahr zu Jahr wächst:

[9]      [8]

Jetzt sei angenommen, wir besitzen heute 100 Kartoffeln. Wenn sich unsere Kartoffeln real mit der Rate r verzinsen, dann haben wir in einem Jahr (1+r) Kartoffeln. Wenn unsere Kartoffeln heute pro Stück 1 Euro kosten, dann haben wir wegen der Inflationsrate pi in einem Jahr einen Kartoffelwert von 100(1+r)(1+ pi) Euro. Hätten wir heute unsere Kartoffeln verkauft und den Erlös von 100 Euro zur Bank gebracht, dann bekämen wir in einem Jahr (1+i)100 Euro zurück. Demzufolge gilt

[10]      [10]

Wollen wir nun wissen, wie sich unsere 100 Euro real verzinst haben, dann müssen wir diesen Ausdruck nur nach r auflösen. Das erfordert etwas Schreibarbeit, ist aber mit Hilfe der Grundrechenarten zu bewerkstelligen:

[11]      [11]

Den letzten Term in Gleichung 11 kann man vernachlässigen, da er im Vergleich zu den anderen in der Regel relativ klein sein wird. Betrügen die Inflationsrate und die reale Verzinsung z.B. beide drei Prozent, dann wäre der letzte Term kleiner als ein Promill. Es lässt sich also etwas kürzer schreiben, dass

[12]      [12].

Der Realzins entspricht dem Nominalzins abzüglich der Inflationsrate.

 

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